Warum Hunde?

Ich wollte gerne etwas über mein Verhältnis zu Bella schreiben.
Aber bevor ich das machen kann, muß ich über mein Verhältnis zu Hohenschönhausen- Paula schreiben.
Meiner lieben Boxerhündin.
Wir haben sie als 7 Monate alte Junghündin aus -eben- Hohenschönhausen geholt.
Aus der 5 ten Etage.
Die Treppenstufen des Hauses waren, untypischer Weise, mit Teppich ausgelegt.
Schon beim Hinaufgehen bemerkten wir die Spuren von Hinterlassenschaften darauf.
Diese sagten aus, dass hier ein Hund nicht mehr halten konnte.
Paula war schon bei ihrem 2 ten Besitzer, seit sie das Licht der Welt erblickt hatte.
Sie wurde gekauft, man kam nicht mit ihr zurecht, sie wurde weiterverkauft- an eine junge Familie mit drei Kindern, in der der Vater, beruflich bedingt, selten zu Hause war. Die junge Mutter war schnell überfordert, denn der Hund war einfach nicht stubenrein zu bekommen und zerstörte die halbe Einrichtung.
Sie tat sich dennoch schwer, mit diesem Schritt, wollte die übernommene Verantwortung nicht einfach abschieben. Ich denke, sie tat das einzig Richtige, indem sie nach neuen guten Besitzern mit Hundeerfahrung suchte.
Als wir ankamen, es war recht kalt, Ende Winter, war die Teeni Tochter mit dem Tier geflüchtet.
Sie wollte den Hund unbedingt behalten und hielt sich infolge dessen über mehrere Stunden mit dem jungen Boxer draußen auf Spielplätzen zwischen den vielen Häusern auf.
Wir haben gut 2 Stunden gewartet, ehe die Mutter nach vergeblichen Versuchen dann doch ihre Tochter erreichte und diese zum Einlenken bewegen konnte.
Diese funkelte uns böse an, als wir mit ihrem – nun unserem Hund- gingen.
Der Tierarzt diagnostizierte später eine Unterkühlung und eine bereits verschleppte blutige Blasenentzündung.
Paula wurde entsprechend behandelt und erholte sich gut.
Nachdem die Blasenentzündung verheilt war- wobei sie später immer wieder dazu neigte- wurde sie- auch dank unseres am Haus angeschlossenen Gartens- schnell sauber.
Sie bekam Liebe, Ruhe, Konsequenz.
Lernte, sich an uns zu orientieren.
Anfangs hatten wir die selben Probleme. Zerren an der Leine, kein Spaziergang ohne möglich!
Einmal sprang sie mir aus dem Kofferraum. Ich musste wegen einer Panne halten, auf dem Gehsteig.
Eine (gottseidank verkehrsberuhigte) Straße mit mäßigem Verkehr links, eine kleine Grünfläche um einen Feuerlöschteich rechts.
Ehe ich mich versah, entwischte sie aus der kaum geöffneten Klappe und inspiziere das Gebiet rechts vom Auto.
Ich wollte sie zurück rufen- Pustekuchen. Sie machte ein Einkriegespiel daraus!
Sie ließ sich nicht fangen. Kam ich von der einen Seite, rannte sie in die Entgegengesetzte.
Ich bekam richtig Angst, was, wenn sie ausscherte und auf die Straße lief!
In meiner Panik brüllte ich sie schließlich an, weil mir nichts weiter einfiel:
„ mach S I T Z !!!!!!!!“  und das tat sie.
Sie setzte sich einfach hin und ich konnte sie – schweißgebadet- an die Leine nehmen.
So gestaltete sich das zu Anfang, wenn ich sie anleinen wollte.
Sie sprang wie ein kleines Pony hin und her und warf ihre geraden durchgestreckten Beine nach vorn! Fang mich doch!! Äh äh! Wieder nichts! Pech gehabt!
Später war das überhaupt kein Thema mehr. Sie ließ die Einrichtung leben und kam gerne an die Leine.
Einmal kreuzte ein aufgeschreckter Hase unseren Weg.
Sie setzte zur Verfolgung an- ein kurzes HALT und sie hinterließ Krallenabdrücke vom Abbremsen im sandigen Boden!
Sie war mein ganzer Stolz!
Wie ich das geschafft habe?
Mit Beschäftigung. Und meiner Gabe- davon wird bisweilen geredet- ich hätte eine Gabe! Ich lache dann und nicke- mein Gemeimnis – die LEBERWURST Gabe:-)
Es sind die Aufgaben.
Sie war ein sehr gelehriges Tier! Ausgesprochen klug!
Was immer ich ihr beibringen wollte, sie lernte es in Minuten.
Sie war meine Hilfe. Hatte ihre Aufgaben.
Sie öffnete die Tür, hob Gegenstände auf, die mir hinunter gefallen waren.
Sie trug Sachen für uns die Treppen rauf und runter – der Paula Botendienst 😀
„Kannst du mir mein Handy runterbringen?“ moment..:“Paula!“
Dafür hatten wir eigens Umschläge vorbereitet.
Einmal fiel mir vor der Tür die Post herunter, weil ich zudem die Hände voller Einkäufe hatte.
Ein Kopfnicken- Paula- bitte, hol!
Und sie hob die Briefe auf.
Ich lugte heimlich die Straße rauf und runter – ob jemand Zeuge des Könnens dieses großartigen Tieres geworden wäre- aber da war leider Niemand.
Sie zog mir die Socken aus, am Abend, vor dem zu Bett gehen und immer wenn ich dann lag- und sie auf ihrem Platz- sagte ich „gute Nacht liebe Paula“ und sie schlug zur Antwort mit ihrer langen kräftigen Rute auf das Polster. Zwei/ drei Mal.
Ich liebte diesen wunderschönen gelehrigen Hund über alles!
Sie war 12 Jahre alt. Ich wusste, dass es bereits ein schönes Alter für einen Boxer war, hoffte aber, dass sie noch mindestens 14 werden würde, wie mein Spike, unsere englische Bulldogge, der dieses hohe Alter erreichte, ehe er an Altersschwäche- nach dem dritten Schlaganfall- starb. Auch ewig geliebt!
Ich wusste, dass ihr und mir nicht mehr viel Zeit bleiben würde und gestaltete jeden Spaziergang einfach so schön, das ich sie immer in Erinnerung behalten konnte. Ich wollte jeden Augenblick mit diesem schönen Tier genießen.
Und plötzlich, an einem Morgen wie jeder andere, ging sie zum Wassernapf um zu saufen…und brach zusammen.
Einfach so. Aus dem Nichts.
Lag da und rührte sich nicht mehr. Wollte nicht mehr aufstehen.
Ich rief nach Oliver!
Er nahm sie auf die Arme, trug sie ins Auto und fuhr sofort zu unserer Tierärztin. Diese diagnostizierte innere Blutungen.
Sie musste in die Tierklinik.
Es war ein Krebsgeschwür, das geplatzt war. Es war nichts mehr zu machen. Paula bekam Schmerzmittel. Wir riefen die Kinder an.
Sie kamen alle.
Wir durften etwa eine Stunde lang von ihr Abschied nehmen.
Sie lag zwischen uns und wurde gestreichelt und niemand weinte- um sie nicht zu ängstigen.
Im Gegenteil.
Ohne das abgestimmt zu haben, erzählten wir alle lustigen Geschichten von Hohenschönhausen Paula, die so ein Glück hatte, zu uns zu kommen und wir, sie zu finden!
Was wir alles erlebt hatten. Wir lachten und scherzten bis die Tierärztin hereinkam und ihr die letzte Spritze gab. Sie schlug nochmal mit der Rute, zwei/ drei Mal….
Wir weinen noch heute.
Sie war eine echte Bereicherung und eine gute Freundin und brachte große Freude in unser Leben!
Es waren drei Hunde, Spikey, Paula und Shiva.
Dann Paula, Jake und Shiva, jetzt Jake und Bella und Shiva. Unsere Zwergspitzhündin. Die auch nicht geplant war..unser Urgestein. Das wird auch mal sehr sehr schwer werden. Daran darf man gar nicht denken.

Bella – sie kam wegen Jake.
Er und Paula waren sehr eng.
Er sollte eine neue Freundin bekommen. Und wir vielleicht mal Nachwuchs?
Diese Idee, endlich einen Hund so richtig von Geburt an zu besitzen..dafür Sorge zu tragen, dass eben mal alles richtig gemacht wird- so gut es geht!
Dies war auch Teil des Gedankens, als wir auf Bella stießen.
Paula war ein bildschönes Tier.
Wenn ich sie hätte decken lassen, was wären das für zauberhafte Welpen geworden!
Sie hatte aber einen angeborenen Herzfehler und bekam zeitlebens Medikamente. Das darf man nicht vererben!
Unsere Shiva- ein Pommerainian!
Was hätte ich Geld bekommen, als diese Rasse so gehypt wurde! Aber sie hat kaputte Bänder, wie es oft bei kleinen Hunderassen vorkommt. Nennt sich Patellaluxation. Es versteht sich von selbst, dass das ein Ausschlussgrund ist!

Da kam Bella nun, eine einjährige Samojeden Hündin. Man käme mit ihr nicht zurecht- nach der Trennung.
Sie wäre viel allein.
Viel alleine stellte sich dann als 10 – 12 Stunden wochentäglich heraus.
Dem Tier musste geholfen werden.
Wir haben nun schon ausreichend Erfahrung mit dem Resozialisieren gemacht.
Und so kam Bella und es war zu Anfang…schlimm ?!?!? Das ist gar kein Ausdruck.
Sie hatte null Vertrauen zu Menschen. Konnte nicht entspannen.
Wanderte auf und ab- wie ein Zootier mit Käfigkoller.
Spazieren gehen? Das war nahezu unmöglich.
Sie zog und zerrte.
Sie gebärdete sich wie wild an der Leine, wenn wir einem Artgenossen trafen. Schaffte es, sich rückwärts aus dem Halsband zu ziehen.
Aus dem darauf angelegtem Brustgeschirr konnte sie zwar nicht entwischen- aber wehe dem, etwas kreuzte unseren Weg. Andere Menschen, Hunde, Vögel, Katzen, Eichhörnchen…
Ich war erst noch zuversichtlich…nach 4 Monaten hatte sich die Lage im Haus beruhigt- aber nach draußen gehen?!
Das wollte inzwischen niemand mehr mit ihr!
Eineinhalb Jahre später- ich gehe mit ihr, sie läuft „hier“ das heißt, an meinem Bein.
Sie wird von der Leine abgemacht und bleibt ruhig. Erst auf meine Erlaubnis hin entfernt sie sich. Läuft, rennt, hat Spaß.
Sie kommt sogleich zurück, wenn ich sie rufe!
Zu Hause liegt sie entspannt auf ihrem Platz. Ich darf ihre Babys anschauen, anfassen. Teile mir mit ihr die Erziehung. Sie vertraut mir. Sie guckt mir inzwischen in die Augen. Zwar hält sie den Blickkontakt nicht, aber zu Beginn- völlig undenkbar!
Wie oft bin ich dafür im Zick Zack gelaufen. Kehrtwende und wieder lief sie vor. Und Kehrtwende und Kehrtwende. Und selbst ruhig bleiben. Wenn sie sich auch noch so wie ein wildes Palomino gebärdet, bei einem Spaziergang durch die Altstadt- puhhh- das war wohl zu früh, sie auf einen Eisdielenbesuch mitzunehmen.
Ruhe. Geduld. Liebevolle Konsequenz.
Clicker Training. Ganz klare Struckturen. Ein geregelter Ablauf. Zeit haben für das Tier.
Nach 10 Monaten begann ich, sie an das Zuggeschirr zu gewöhnen.
Beim Spaziergang wird zuvor bei jedem Abbiegen „RECHTS“ „ LINKS“ kommentiert. Stopp- beim Stehen bleiben.
Sie soll nur stehen- nicht zurückkommen.
Zurück- beim Wenden.
Und dann war es soweit. Erst nur joggen.
Das klappte so schnell! Dann ab auf den Scooter- und siehe da! Es liegt ihr im Blut.
Sie hat ihre Aufgabe gefunden!
Sie ist so fein mit ihrem Ohrenspiel- konzentriert sich ganz auf mich, die ich ihr von hinten zurufe! Lauf!! Langsam! Links- rechts. Langsam. Stopp. Zurück!
Sie ist TOLL!
Und zu Hause- zieht sie mir am Abend die Socken aus.
Zerreißt mit Jake die Pappe für das Kaminfeuer. Bringt mir ihren Futternapf.
Vor allem aber der Sport und das Spazierengehen ohne Leine- das sind die Highlights! Hier bin ich frei und glücklich und freue mich, auch diesem Tier geholfen zu haben. So wie es mir hilft. Mich erfreut.  
Mein Leben bereichert.

Warum Hunde?
Ich weiß es nicht. Von klein auf wollte ich einen eigenen Hund! Ich hatte Stoffhunde und stellte mir vor, sie seien lebendig.

Als ich ein junges Mädchen war, besuchten wir meine Tante, die in Italien, auf einem kleinen Berg, ein Grundstück hatte.
Immer zu Ostern.
Sie hatte eine Boxerhündin und als diese einmal läufig war, kam ein Schäferhund, ein großer starker Rüde, der am Tor herumlungerte und auf eine Gelegenheit wartete…die sich aber nie ergab.
Er und ich freundeten uns an.
Mit Stöckchen durch den Zaun.
Ich durchstreifte später mit ihm die Wälder- oder besser er mit mir.
Er schloss sich mir einfach an. Wir liefen nebeneinander- es brauchte keine Leine!
Er brachte mich immer zurück zum Tor und verschwand dann.
Am nächsten Tag war er irgendwann wieder da und holte mich ab.
Einmal gingen wir hinunter, in den kleinen Ort Fiesole.
Ich hatte etwas Taschengeld und wollte mir davon ein kleines Portnemonai kaufen, dass mir Plastikperlen bunt bestickt war.
Der Name des Hundes war TAI, so stand es auf seinem Halsband.
Er kam mit mir ins Tal- blieb aber vor dem Stadttor wie angewurzelt stehen.
Nun komm Tai, lockte ich ihn- komm mit!
Aber er kam nicht. Er sprang ins Gebüsch und weg war er.
So schlenderte ich allein durch das Städtchen und als ich fertig war und zum Stadttor zurückkehrte- wer saß dort und wartete auf mich? TAI!
Es war so wundervoll, mit ihm die Gegend zu erkunden! Ich las schon immer gerne, damals die fünf Freunde, von Enid Blyton.
Ich fühlte mich wie George!
Die ja eigentlich Georgina heißt.
Einmal kamen wir an ein romantisches, wild zugewachsenes Grundstück.
Eine schöne Frau lebte dort, mit ihren weißen Hunden.
Sie war Künstlerin, malte beeindruckende Bilder.
Sie bot mir zu trinken an, zeigte mir ihre Werke.  Ihre wunderschönen schneeweißen Hunde- und ließ mich mit deren Nachwuchs, etwa 8 Wochen alt, spielen.
Sie sprach nur italienisch, aber ich verstand ein bisschen.
Sie lud mich ein, gerne wieder zu kommen.

Im nächsten Jahr ging es wieder zu meiner Tante, die hauptsächlich in der Schweiz wohnte und nur die Sommer in Florenz verbrachte. Wie fieberte ich diesen Ferien entgegen!
Und endlich war es soweit. Wir passierten wieder die Stelle, die mein Vater „Himmelspforte“ nannte, weil die Kurve am Hang sehr eng und die Straße zum abschüssigen Gebiet nicht abgesichert war. Auf der Rücksitzbank sitzend,  kniff ich aus Angst, wir könnten abstürzen, jedesmal die Augen fest zu.
Dann waren wir da. Packten unsere Koffer und Sachen aus und ich bestürmte meine Tante!
Wie sehr ich mich drauf freute Tai wieder zu sehen!
Es erschütterte mich zutiefst, was sie zu erzählen hatte!
Alle Hunde, auch die schönen weißen Zuchttiere der Marchesa waren einer Hundeseuche zum Opfer gefallen.
Die Künstlerin musste ihre Tiere einschläfern lassen.
Tai hingegen wurde von seinem Besitzer, einem Bauern, der den Tierarzt nicht bezahlen konnte oder wollte, erschossen.
Während die Erwachsenen weiter diskutierten, wie möglich oder unmöglich das war und was Gathi (die Boxerhündin meiner Tante) für ein Glück hatte…brach für mich eine Welt zusammen!
Das Zusammensein mit diesem Schäferhund, der sich mich zur Freundin gewählt und freiwillig begleitet hatte, war das intensivste Gefühl von Freiheit und Abenteuer, von Vertrauen und Freundschaft, dass ich je erlebt habe!

Paula
Spike und Paula

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